Rider Waite Tarot

Kleine Geschichte des Tarot

Über den Ursprung des Tarot ist schon viel spekuliert worden. Seine Herkunft wird unter anderem im alten Ägypten, in Babylonien, im alten Indien, in Arabien, in Palästina, bei den Kelten oder bei den Zigeunern vermutet. Zuweilen wird angenommen, dass zunächst aus der islamischen Welt im 14. Jahrhundert ein Satz von 52 Spielkarten nach Europa kam, der aus vier Farben, also der kleinen Arkana bestand.  Zu der Herkunft der 22 Karten der großen Arkana gibt es keine verbürgten Aussagen. Viele Esoteriker vermuten, dass diese auf ägyptischen und/oder hebräisch-kabbalistischen Weisheitslehren beruhen. 

 

Viele Motive, die in Tarot-Decks vorhanden sind, lassen sich tatsächlich über 2000 Jahre bis hin in das alte Ägypten verfolgen. Die Ägypter meißelten ihre Motive in Stein. Sie waren die Schöpfer der "Heiligen Bilder", der Hieroglyphen und viele symbolische Bilder mystischen Inhalts entstanden in dieser Zeit.

 

Wann die ersten Karten gefertigt wurden, weiß niemand genau zu sagen. Aber aus dem 14. und 15 Jahrhundert gibt es schon Überlieferungen zu den Tarot-Karten, die vielleicht für mystische Zwecke oder einfach als Sinnbilder für Menschen, die noch nicht lesen und schreiben konnten, verwendet wurden.

 

Der erste gesicherte Nachweis stammt aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und zwar aus Italien. Der Herzog von Mailand Filippo Maria Visconti (1391 -1447) lies sich in den Jahren 1420 - 1447 mehrere Decks von Tarot-Karten anfertigen, die heute zum Teil noch erhalten sind und als Visconti Tarot oder nach dem berühmtesten als Visconti-Sforza Tarot benannt werden. Gezeichnet wurden diese Tarots vermutlich von Bonifacio Bembo und anderen Miniaturisten der Ferrara-Schule.

 

Einfachere auf Holzschnitten beruhende Decks sind auch aus dem Frankreich des frühen 16. Jahrhunderts noch vorhanden. Hinweise über den Gebrauch gibt es hier nicht. 

 

Die erste nachweisbare esoterische Tradition der Tarot-Karten findet sich im Jahre 1781 als der schweizer Geistliche und Freimaurer Antoine Court de Gébelin  in seinem Buch Le Monde Primitif  eine populäre Abhandlung über religiöse Symbole und deren modernen Gebrauch veröffentlichte. Dabei geht er auf die Symbole des Marseiller Tarots ein. Diese Karten sollen bereits um 1760 von Nicolas Conver gemalt worden sein. Sie gelten heute noch als Klassiker und weisen als erste auch die bis heute übliche Reihenfolge der Karten auf. Die Karten der kleinen Arkana enthalten nur die entsprechende Anzahl der Farbsymbole.

Im 18. Jahrhundert kamen die Karten besonders in Mode. So wurde in esoterischen Zirkeln der tiefe Sinngehalt der Bilder entschlüsselt. 

 

Zu den bedeutendsten Ereignissen in der Geschichte des Tarots gehört dessen Entdeckung durch die okkultistisch-esoterischen Gesellschaften in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Hermetische Orden der Goldenen Morgenröte (Hermetic Order of the Golden Dawn) wurde stark von Eliphas Levi beeinflusst. In seinem 1854 veröffentlichten Werk „Dogme et Rituel de la Haute Magie“ hat er wesentlich zur Verbreitung des Tarots als Deutungssystem beigetragen.

 

Unter dem Mantel der Geheimhaltung spielte der Tarot im Golden Dawn neben praktischer Magie und esoterischen Disziplinen,  wie Astrologie und Kabbala eine wesentliche Rolle. Er wurde vorwiegend als Werkzeug zur Selbsterkennung genutzt. Eine rein divinatorische Nutzung zum Voraussagen der Zukunft wurde verneint.

 

Ein beliebtes Deck innerhalb des Golden Dawn war das von Oswald Wirth (1889), das nur die Karten der großen Arkana enthält. Es erweitert den Marseille-Tarot um kabbalistische und esoterische Symbole.

Auch Arthur Edward Waite (1857 - 1942), Pamela Colman Smith (1878 - 1951) und Aleister Crowley (1875 - 1947) waren Mitglieder des Golden Dawn und sollten die Tarot-Welt zukünftig entscheidend beeinflussen. Die Decks von Waite und Crowley gehören inzwischen zu den Klassikern des Tarots.

 

Das Rider-Waite-Tarot, das Waite zusammen mit der Malerin Pamela Colman Smith schuf, wurde 1910 veröffentlicht. Rider ist dem Namen des Londoner Verlegers Rider & Company entnommen. Es handelt sich hierbei um das erste Deck, welches die Zahlenkarten der kleinen Arkana mit szenischen Bildern schmückt. Inzwischen hat es sehr viele Nachahmer gefunden. 

 

Im Gegensatz zu Waite hat Aleister Crowley seinem Image als Schwarzmagier immer Rechnung getragen und damit auch viele Tarot-Kritiker auf den Plan gerufen.

Dennoch ist sein in den 40er Jahren geschaffenes Deck sehr populär. Zunächst erschienen nur die Abbildungen seiner Karten 1944 in seinem Buch Toth (2). Während Lady Frieda Harris die Bilder malte, fertigte Crowley eine sehr detaillierte Beschreibung an. Teile der verwendeten Systematik sollen auf Samuel Liddel Mathers zurückgehen.

Als Deck erschien das Crowley-Tarot erst im Jahre 1969. In den großen Arkana verwendet Crowley beispielsweise anstatt Herrscher(in) den Begriff Kaiser(in), aus Kraft wird Lust, aus Gerechtigkeit Ausgleichung. Gegenüber dem Waite-Deck sind die Karten 8 und 11 ausgetauscht. Die kleinen Arkana verfügen zwar nicht über szenische Bilder, vermitteln aber durch Gestaltung und Symbolik einen Eindruck der zugrunde liegenden Stimmung.

 

Bekannte Decks die auf das Crowley-Tarot zurückgehen sind u.a. das Haindl-Tarot oder das Cosmic Tribe Tarot. Auch berühmte Künstler wie Albrecht Dürer oder Salvador Dali haben sich im Laufe der Geschichte an Tarot-Karten versucht und regelrechte Kunstwerke geschaffen.

Quelle: Dr. Sonja Bauer, Tarot CD-ROM